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Rektusdiastase verstehen: Funktion vor Spaltbreite I Teil 1


Wenn es um Rektusdiastase geht, liegt der Fokus oft noch auf einem einzigen Wert: der Spaltbreite. Wie viele Finger breit ist der Abstand zwischen den geraden Bauchmuskeln? Zwei? Drei? Noch mehr? Viele Mamas messen diesen Spalt und bewerten damit ihren Zustand und Kraft ihrer Körpermitte – der Spalt als Maßstab für Funktionalität oder Fortschritt. Doch das greift zu kurz. Die Spaltbreite sagt nur wenig darüber aus, wie belastbar, stabil und funktionell dein Rumpf wirklich ist. Entscheidend ist nicht, wie breit der Spalt ist – sondern wie gut du Spannung aufbauen kannst. Denn diese Spannung, genauer gesagt die Spannung auf der Linea Alba (der mittigen Bindegewebsnaht), ist der wahre Schlüssel zur funktionellen Stabilität.


Was passiert bei einer Rektusdiastase?

Eine Rektusdiastase entsteht, wenn die Linea Alba durch Druck – etwa während der Schwangerschaft – überdehnt wird. Das Bindegewebe verliert dabei an Elastizität und Reaktivität, sodass die Körpermitte weich und instabil wirkt und sich der Bauch unter Belastung vorwölben kann. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass der Spalt geschlossen werden muss. Viel wichtiger ist die Fähigkeit, über die tiefe Bauchmuskulatur – insbesondere den Musculus transversus abdominis – gezielt Spannung aufzubauen.

Diese Spannung ist funktional und lässt sich nicht allein am äußeren Erscheinungsbild messen. Sie zeigt sich vielmehr in der Fähigkeit deines Körpers, im Alltag dynamische Stabilität zu gewährleisten – sei es beim aufrechten Stehen, beim rückenschonenden Tragen deines Kindes oder beim kontrollierten Aufrichten aus dem Bett. Entscheidend ist, dass die Bauchwand dabei eine gezielte, nach innen gerichtete Spannung entwickelt, ohne unerwünschten Druck nach außen oder einen erhöhten intraabdominalen Druck, der die Rektusdiastase verschlechtern könnte. Eine funktionelle Körpermitte entsteht durch die koordinierte Aktivierung der tiefen Bauchmuskulatur – vor allem des Musculus transversus abdominis – in Zusammenarbeit mit Beckenboden und Zwerchfell. Dieses fein abgestimmte, reflektorische Stabilitätssystem schützt und unterstützt den Rumpf bei allen Bewegungen und Belastungen. Die komplexe muskuläre Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur langfristigen Wiederherstellung der funktionellen Integrität deiner Körpermitte – unabhängig von der tatsächlichen Spaltbreite der Rektusdiastase.

Wie erkenne ich, ob meine Mitte gut arbeitet?

Es gibt verschiedene Anzeichen und Muster, die darauf hinweisen, ob deine Mitte funktionell stabil ist: Ein Bauch, der sich unter Belastung nicht nach außen wölbt, und eine Linie in der Körpermitte, die sich unter den Fingern fest und reaktiv anfühlt – nicht weich oder nach außen drückend. Deine Atmung sollte frei fließen, ohne dass du sie anhalten oder pressen musst. Auch deine Haltung gibt Hinweise: Eine stabile, aufrechte Haltung ohne Hohlkreuz oder Verspannungen spricht für eine funktionierende Mitte.

Zudem zeigt sich funktionelle Stabilität darin, wie dein Körper auf plötzliche Belastungen reagiert – etwa beim Husten, Niesen oder Lachen, wenn sich die Bauchdecke kontrolliert spannt, ohne aufzublähen. Ein mitarbeitender Beckenboden und ein Gefühl von innerer Stabilität sind weitere wichtige Indikatoren. Bewegungen wie Aufrichten, Bücken oder Drehen sollten flüssig und schmerzfrei möglich sein.


Dabei gibt es unterschiedliche Muster, die auf eine schwache oder überforderte Mitte hinweisen können, etwa ein stark nach außen gedrückter Bauch, eine angespannte, verkrampfte Bauchmuskulatur oder eine veränderte Haltung. Wichtig ist, diese Muster zu erkennen und gezielt an der funktionellen Spannung zu arbeiten. Ein breiter Spalt bedeutet nicht automatisch Instabilität: Auch mit einem mehr als 2-3 Finger breiten Spalt kann deine Körpermitte sehr funktionell und stabil sein, wenn die Linea Alba Spannung trägt und die tiefe Muskulatur gut angesteuert wird.


Spannung ist messbar und trainierbar

Nicht mit dem Maßband, sondern mit Körpergefühl, Wahrnehmung und gezielter Aktivierung. Und genau darum geht es im zweiten Teil dieser Artikelserie: Wie du lernst, diese Spannung selbst zu spüren, zu testen, aufzubauen und in deinen Mama-Alltag zu integrieren.

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